Dienstag, 29. Dezember 2009

Das alte Jahr

Da liege ich nun in meinen letzten Zügen...


Das neue Jahr klopft schon an. Viel zu früh abgeschossene Böller machen mich darauf aufmerksam, dass meine letzten Tage angebrochen sind. Aber ich werde sie noch genießen, jeden einzelnen Moment davon.


Dem einen oder anderen Erdenbürger konnte ich wahrscheinlich nicht bringen, was er sich gewünscht hat. Aber ich bin ja auch nicht der Weihnachtsmann, sondern ein Jahr. Und Jahre sind objektiv und unbestechlich.


Aber sie hinterlassen Spuren. 


Am besten sind wir an den Gesichtern der Menschen abzulesen - wenn sie sich nicht geschickt tarnen - oder an den Jahresringen der Bäume.


Jede Falte im Gesicht eines Menschen ist eine Spur von uns - entweder direkt durch das Alter oder indirekt durch die Seele. Denn wir hinterlassen auch Spuren, die man NICHT sofort sieht...


Wenn ich an meinem 31.12. diese Welt verlasse, wird es Menschen geben, die das feiern. Das sind dann wahrscheinlich die, denen ich nichts Gutes beschert habe und die darauf hoffen, dass ihnen das neue Jahr etwas besseres bringen wird. Sicherlich können es auch Menschen sein, die es gut hatten und jetzt glauben, es geht immer so weiter. Oder es sind die, denen einen Tag lang alles egal ist und die einfach nur feiern wollen. Das sind sicher die meisten - denn so sind die Menschen halt, sie können so schnell vergessen...


Na gut, das Wort "vergessen" trifft es vielleicht nicht ganz. Einigen wir uns lieber darauf, dass sich die Menschen gerne "selektiv" erinnern und auch von den schlechteren Momenten eher die guten in Erinnerung behalten. Wenn also jemand in einem meiner früheren Kollegen mal seine Arbeit verloren hat, dann wird er sich heute nicht mehr wirklich daran erinnern, wie wenig Geld er hatte, sondern dass er es zum Beispiel mit Hilfe seiner Freunde überstanden hat. Von daher könnte ich jetzt sagen, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es bei mir gekocht wurde. Aber das tröstet diejenigen wenig, die gerade JETZT in der Tinte sitzen. 
Ich kann mich bei diesen Leuten nur entschuldigen. Wie gesagt: es ist nicht meine Aufgabe, über Gut und Böse zu entscheiden - es passiert nun einfach mal leider zu meiner Zeit. Ich kann euch nur alles Gute für die Zukunft wünschen!


Denen, denen es zu meiner Zeit gut ging, möchte ich ans Herz legen, dass das nicht immer so bleiben muss. Das neue Jahr kann ganz andere Überraschungen parat haben. Da kann aus dem Lottogewinn bei mir schnell mal die Pleite bei meinem kommenden Kollegen werden. Ich wünsche das keinem, aber ausgeschlossen ist nichts. Darum genießt alles, was ihr gerade habt, sowohl in finanzieller als auch in "personeller" Hinsicht - und werdet nicht übermütig.



Und noch ein Tipp, bevor ich gehe: vertraut nicht auf die Jahre oder das Glück. Vertraut auf EUCH und auf die, die euch lieb haben.


Ich weiß, dass in der Zeit meiner Anwesenheit vieles passiert ist, was schrecklich und traurig war. Ich hoffe aber, dass das an einer anderen Stelle durch Glück und Zufriedenheit wieder in Waage gebracht wurde. Und vieles, was auf mich abgeschoben wird, hat der Mensch schließlich auch selber zu verantworten.Denkt mal darüber nach, ob ihr immer alles richtig macht ;)


Vielleicht fragt ihr euch, was mit den alten Jahren so passiert, wenn sie mit viel Getöse von einem neuen abgelöst worden sind. 


Früher, als es die Menschen noch nicht gab, sind wir einfach verschwunden. Da hat aber auch keiner Notiz von uns genommen. Es gab ja niemanden auf der Erde, der sich wirklich für uns interessiert hätte. Auch - viel, viel später - die Dinosaurier haben sich nichts daraus gemacht, wenn wir plötzlich weg waren. Selbst die ersten Menschen haben sich wohl gewundert, dass alles irgendwie irgendwann mal wiederkam in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, aber an JAHRE haben die noch nicht gedacht.


Erst der wirklich denkende Mensch hat mit einer Art "Chronik" begonnen, in die wir alle nacheinander eingehen. Wir leben also durchaus weiter in den Köpfen der Menschen und man kann ständig nachlesen, ob wir "gut" oder "böse" waren (wobei ich wie gesagt diesen Ausdruck nicht für sehr legitim halte, denn wir sind definitiv nicht verantwortlich für das, was in uns passiert). 
Den "guten" Jahren wird das weniger ausmachen, aber die "bösen" Jahre leiden doch sehr unter dieser pauschalen Einteilung, zumal das ja auch alles sehr individuell zu bewerten ist. Zudem gibt es immer noch Jahre, nach denen man verzweifelt sucht, weil da eben noch gar keine Menschen gelebt haben und es keine Zeitzeugen gab. Und so völlig OHNE WERTUNG möchte ein Jahr ja nun auch nicht bleiben!


Ihr seht also, dass es gar nicht so leicht ist, ein Jahr zu sein. Man hält für alles seinen Kopf hin und erfährt nur wenig Dankbarkeit. Mir hat noch keiner auf die Schulter geklopft und gesagt: "DAS, liebes Jahr, hast Du jetzt aber mal richtig TOLL gemacht! Dankeschön!"


Naja, aber ich bin ja auch noch nicht vorbei... ;)

2 Kommentare:

SchneiderHein 2 hat gesagt…

Tja, liebes Jahr, da warst Du rückblickend zumindest für mich nun doch nicht so schlimm, wie vor einem Jahr erwartet ...
Aber eigentlich zählt doch auch die Summe Deiner Kollegen aus der Vergangenheit und das was man Vorfreude und Hoffnung nennt - und was ist dann eigentlich schon ein Jahr ...

Auf jeden Fall freue ich mich, wenn es auch im neuen Jahr kleine Posts zu dem Thema 'Glück ist ...' gibt. Denn 'so ein Jahr' besteht auch aus der Summe großer und kleiner Glücksmomente.
Liebe Grüße
Silke

Klaus hat gesagt…

Danke für einen wunderschönen Kommentar.

Ich wünsche euch beiden (und allen anderen natürlich auch)alles Gute für 2010!

Liebe Grüße,

Klaus