Freitag, 11. Dezember 2009

Besuch im Krankenhaus

Der Gebäudekomplex des Nordstadt-Krankenhauses in Hannover ist nicht unbedingt imposant, aber auf jeden Fall mit einem gewissen morbiden Charme ausgestattet und leicht verwirrend, wenn man dort das erste mal jemanden sucht.

Ich glaube, dieses Merkmal kann man fast auf jede Klinik übertragen, man wird sich als Besucher immer und überall einen Wolf suchen nach seinen Bekannten, Freunden oder Familienangehörigen. Patienten haben den zweifelhaften Vorteil, sich nach einer gewissen Zeit besser auszukennen, zumindestens, wenn sie sich irgendwie alleine fortbewegen können und nicht in ihren Betten durch die Gänge geschoben werden. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man auch als "erfahrener" Patient so seine Schwierigkeiten bekommen kann in den verwinkelten Korridoren unserer Krankenhäuser. Herr Dingenskirchen, Sie müssen eben mal zum Röntgen - wissen Sie, wo das ist? Nein, entgegnete ich damals, auf nette und hilfreiche Begleitung hoffend. Kein Problem, entgegnete die Krankenschwester, da gehen Sie links aus dieser Abteilung raus, durch die große Halle am Fahrstuhl vorbei und dann rechts um die Ecke. Von dort aus den langen Gang entlang bis zu einer Tür auf der linken Seite. Dort hindurch und die nächste rechts. Ist aber auch alles ausgeschildert...

Nun gibt es ja zwei Möglichkeiten: entweder versuche ich mir den Weg in der Kürze der Zeit zu merken, was mit der zur Verfügung stehenden Ausschilderung aber einigermaßen nutzlos und somit überflüssig wird. Also verlasse ich mich auf die Schilder und merke spätestens am Fahrstuhl, dass alles gar nicht so einfach ist, wie ich dachte...Röntgen und Ultraschall geradeaus, Computertomographie und Magnetresonanztherapie nach rechts und zu den Professoren Hasewinkel und Pfeffermaul geht es nach links, aber nur nach Vereinbarung. Ahnungslos, da ich die Worte der freundlichen Schwester ob der verlockend wirkenden Ausschilderung selbstverständlich komplett aus meinem Gedächtnis gestrichen habe, entscheide ich mich für den Weg geradeaus, der allerdings direkt wieder nach rechts abknickt und durch einen Fluchtweg erneut nach links führt. Wir kürzen das Drama an dieser Stelle ab und ich möchte nur noch hinzufügen, dass die langen Korridore in den Krankenhäusern zweifelsohne immer IRGENDWO ankommen, aber selten da, wo man gerne hinmöchte. Da Krankenschwestern und Ärzte selbstverständlich IMMER alles richtig erklären, liegt es wahrscheinlich an den vielen Medikamenten, die die Patienten zu verwirrten Irrläufern mit schmerzmittelvernebelten Hirnen machen. Die nach der Untersuchung angebotene Hilfe für den Rückweg wurde übrigens direkt wieder zurückgezogen mit der Feststellung, dass ich ja schließlich auch alleine hergefunden hätte...

Nun, ganz so schwierig war es heute allerdings nicht. Wir fragten auch gleich unten an der Rezeption, wo wir unsere Freundin finden würden. Ja, sagte man uns, die läge auf Station 31 im 2.Stock. Ach, rief uns die Empfangsdame noch hinterher, wenn dort keiner wäre, sollten wir es mal auf Station 30 versuchen, das wäre genau gegenüber. Hm...dachte ich...eine verwaiste Station, auf der niemand mehr ist? Was soll das hier werden?

Schön war, dass man das Schwesternzimmer auf Station 31 sofort fand, weil man nämlich direkt darauf zu lief. Ich möchte mich jetzt nicht großartig darüber auslassen, dass dieser Trakt des Krankenhauses in den 70er Jahren sicherlich bessere Zeiten gesehen hat. Teilweise schienen auch die Gerätschaften noch aus dieser Zeit zu stammen und aus dem OP-Bereich, der direkt vom Treppenhaus abging, schlurfte ein Mann in grün heraus, den ich beim Aufwachen nach einer OP nicht als erstes hätte sehen mögen...wer weiß, was ich gedacht hätte...
Der Gang ansich wirkte nicht so, als wäre er selbst bei besserem Wetter lichtdurchflutet. Wie auch, ohne Fenster? Dafür waren aber die Fotografien an den Wänden derart ausgebleicht, dass man auf einigen nur noch Umrisse erkennen konnte. Der Gang war weihnachtlich dekoriert, indem man nette bunte Bärchen mit Flügeln und andere eindeutig dem höchsten christlichen Fest zuzuordnende Figuren an die Türen geklebt hatte. Aus der geöffneten Tür des Schwesternzimmers blinkte uns aufgeregt ein Minitannenbäumchen entgegen. Wenn der so hektisch weiterblinkte, würde er sicher irgendwann mal einen Defibrilator benötigen...Tannenbaum mit Herzstillstand...
Ja, bestätigte man uns, unsere Freundin würde auf Zimmer 213 liegen, wäre aber leider gerade zum Röntgen (...da haben wir es wieder, dachte ich...das kann dauern...).

Wir setzten uns in eine charmant eingerichtete Leseecke, die durch ein hohes und gut gefülltes Bücherregal vom Gang und somit auch vom Neonlicht des Ganges abgetrennt war, was das Lesen hier sicherlich nicht erleichterte. Wie sich etwa eine dreiviertel Stunde später auf Nachfrage herausstellte, lag unsere Freundin dann doch auf Station 30 in Zimmer 204 und war gar nicht zum Röntgen...but nobody is perfect!

(Die Stations- und Zimmernummern habe ich selbstverständlich verändert...)

Die Wiedersehensfreude war groß, die Freude über das gerade liebevoll auf den Nachttisch drapierte Mittagessen weniger. Krankenhausessen halt: pappige, möglichst geschmacksneutrale Frühlingsrolle, Soße mit völlig ausgekochten Zwiebeln und Bambusstreifen und völlig bröseliger Reis, den man eigentlich nur mit einem kräftigen SchluckWasser die Speiseröhre hinunterbekam. Zum Nachtisch einen kleinen Apfel. Und das war noch nicht mal die reduzierte Kost!

In diesem Moment beschlossen mein Mann und ich, nach dem Besuch im Krankenhaus erst einmal gepflegt essen zu gehen...aber unserer Freundin sagten wir das lieber nicht, schließlich sollte sie nicht neidisch werden.

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