Dienstag, 22. Dezember 2009

Der 50. Geburtstag


Untertitel: Diner for Me




Wir nähern uns ja nun für viele wieder völlig überraschend dem Tag, an dem Jesus Christus geboren wurde...2009 wäre er wohl geworden in diesem Jahr, munkelt man.


Und May Warden, die rüstige, alte Dame in Diner for One, wird alljährlich zu Silvester 90 Jahre alt - da kommt bestimmt auch schon ein ganz schönes Sümmchen zusammen...solange, wie das schon läuft.


Nun, auch ich hatte dieses Jahr wieder einmal Geburtstag...ähm...Entschuldigung..einen RUNDEN Geburtstag: 50 Jahre habe ich nun auf meinem angegriffenen Buckel und irgendwie ist das ein ganz merkwürdiges Gefühl.


Ich hatte ja erwartet, dass ich morgens mit grauen oder gar keinen Haaren und tiefen Falten im Gesicht aufwachen würde, dass ich kaum noch aus dem Bett aufstehen könnte, weil ich so "Rücken habe" und fortan alle 15 Minuten auf's Klo rennen müsste. Vorsorglich hatte ich mir schon eine Krücke von meiner Mutter ans Bett gestellt und war einigermaßen erstaunt, dass ich mich schmerzfrei aus den Federn erheben konnte, zumindestens im Hinblick auf den Rücken.
Sogar der Gang in's Bad klappte unfallfrei, aber die Brille hatte ich doch vorsichtshalber nicht aufgesetzt. Ich trotzte der Gefahr, eventuell über Nacht mit dem schlagartig eintretenden 50. Lebensjahr etliche Prozente meiner Sehkraft verloren zu haben und demzufolge über sämtliche Gegenstände zu stolpern, die meine Katzen mir des nachts in den Weg gekramt hatten. Nein, die Brille wollte ich nicht aufsetzen, wer wusste schon, was mir da aus dem Badezimmerspiegel entgegensehen würde...


Schon während des Aufwachens hatte ich nach meinem kostbaren Haupthaar getastet und verwundert festgestellt, dass der Hubschrauberlandeplatz auf meinem Kopf nicht wesentlich gewachsen war, nun stellte sich nach einigem Blinzeln heraus, dass auch die Farbe offensichtlich noch die gleiche war. Ich hatte die Haare am Abend zuvor nicht gezählt, aber so auf den ersten brillenlosen Blick schienen es in der Tat nicht allzu viel weniger geworden zu sein.


So etwas macht MUT!


Mit zittrigen Fingern, was weder am Alkoholentzug noch an einem fehlenden Kaffee lag, setzte ich mir die Brillengläser auf die Nase und schaute meinem Spiegelbild in die Augen...eigentlich alles wie gehabt. Sogar die Bartstoppeln waren noch schwarz.


Mittlerweile waren auch ganz bestimmt mehr als 15 Minuten verstrichen und ich empfand noch kein dringendes Bedürfnis, auf die Toilette gehen zu müssen...die Prostata schien also auch noch nicht mitbekommen zu haben, dass ich jetzt 50 war. Obwohl...die Vorsorgeuntersuchungen starten da ja erst mit 55 - da habe ich vielleicht noch etwas Zeit.


Also musste der Alterungsprozess wohl auf eine andere Art vonstatten gegangen sein.


Ich schaltete das Radio ein. NDR 2. Ältere Menschen hören das nicht mehr, dachte ich, und suchte nach NDR 1, dem angesagten Radiosender für die betagteren MitbürgerInnen. "One Way Wind" von den Cats schallte aus dem Lautsprecher, eine meiner ersten Singles. Ich stand unter der Dusche und trällerte mit. Auch "Hymn" von Baclay James Harvest erschreckte mich nicht und als dann noch "Spanish Eyes" von Al Martino folgte, musste ich feststellen, dass ich den Alte-Leute-Sender durchaus ertragen konnte. Da hatte ich also meine Bestätigung: ich war ALT!


Die nächsten Songs waren von Andrea Berg und den Flippers, ich schaltete wieder zurück auf NDR 2 und war verwirrt. Der Musikgeschmack war wohl doch der gleiche geblieben...


Gut, was für Veränderungen konnte es denn noch geben? Hatte ich mich vielleicht gar in meiner Denkweise und Weltanschauung verändert? Wie auf ein geheimes Stichwort begannen gerade die Nachrichten im Radio und es wurde von Steuererleichterungen, Klimakonferenzen, Haushaltsverschuldungen, Afghanistankrieg und sonstigen Politentgleisungen berichtet, die mich immer noch genauso aufregten, wie einen Tag zuvor...das war es also auch nicht.


Ich kam zu dem beruhigenden Entschluss, dass ich noch immer "der Alte" war (man verzeihe mir dieses vielleicht verwirrende Wortspiel an dieser Stelle) und sich nichts, aber auch wirklich NICHTS an mir verändert hatte. Aber so hätten es sich wohl die zahlreichen Leute vorgestellt, die mich nach der Gratulation gleich besorgt fragten: "Und? Wie fühlt man sich mit 50?"


Nein - und jetzt kommt der zweite Teil der Geschichte - ich hatte mich keinesfalls verändert. Und ich war auch diese doofen Viren oder Bazillen oder was immer mich seit drei Tagen mit Durchfall, Fieber, Übelkeit und Schnupfen quälte, nicht losgeworden über Nacht. So mühte ich mich also an meinem 50. Geburtstag, ein paar Stückchen Brot zum Frühstück zu mir zu nehmen und ein Glas Wasser zu trinken, denn alles andere war schwierig drin zu behalten. Die sowieso nur kleine Feier bei meiner Mutter war längst abgesagt und mein Mann gesellte sich mitleidig zu mir und versuchte, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen...aber ich hatte keine. Ich wollte einfach nur auf der Couch liegen, mir dauernd die Nase putzen, gelegentlich Fieber messen und etwas Wasser trinken und vor allem wollte ich LEIDEN, wie Männer denn so leiden, wenn sie krank sind. Wenigstens konnte ich dabei noch fernsehen.


Irgendwann musste mein Schatz auch zu allem Überfluss noch zur Arbeit und mich in meinem fürchterlichen Schicksal alleine auf dem Sofa liegen lassen. Ich dämmerte so vor mich hin, nahm die zahlreichen telefonischen Anfragen entgegen, wie es einem denn so geht mit 50, und beschloss, mir wenigstens ein schönes Abendessen zu machen, das aus...ihr ahnt es schon...Brot und Wasser bestand.


Tja, das war mein 50. Geburtstag. Aber ich kann wenigstens behaupten, dass er anders war als die meisten...

4 Kommentare:

SchneiderHein 2 hat gesagt…

Tja, dann herzlichen Glückwunsch nachträglich! Die Frage, wie man sich mit 50 fühlt ist damit ja hinreichend beantwortet ;-) Allerdings als ich vor 1 oder 2 Jahren im Wohnzimmer meiner Großmutter NDR 1 hören musste, hatte ich mich schon erschrocken, dass ich wohl ganz schön alt sein muss. Denn auch meine Jugendzeit wurde damals dort schon rauf und runter gedudelt.
Das Ende Deines Tages erinnerte mich allerdings dann ein klein wenig an den zweiten Teil meines Hochzeitstages: Nur durfte ich da nicht auf dem Sofa liegen, sondern musste mit Wasser und altem Toastbrot im Restaurant am Tisch sitzen bzw. lernte die veralteten sanitären Anlagen im Keller recht gut kennen. War aber wohl nur ein verspäteter Kater in Verbindung mit einem leichten Sonnenstich und eventuell nicht mehr so frischen Fischbrötchen ...
Tja, so ist das eben manchmal mit den ganz besonderen Tagen ;-)
Liebe Grüße
Silke

Klaus hat gesagt…

*lach*

Na, da hast Du ja so ziemlich alles mitgenommen, was geht...Kater, Sonne und Fischbrötchen...eins von den Dingen muss ja zum Erfolg führen ;)

Aber wir haben es beide anscheinend gut überstanden :)

Liebe Grüße,

Klaus

SchneiderHein 2 hat gesagt…

Ja, alles Bestens überstanden! Am nächsten Tag ging es mir wieder gut. Aber so eine Hochzeitsfeier bleibt eben mit den Details viel länger in Erinnerung. Vielleicht war ja auch die Busfahrt im Linienbus zum Standesamt schon mit dran schuld ...Und eine witzige Geschichte ist dann auch, wie wir zu spät zum eigenen Hochzeitsessen kamen, da ich nicht schnell genug die 1,5 km über den Strand zurückkam, weil mir so fürchterlich übel war ...
Doch, da hatte Wolfgang gleich das volle Programm für die Zukunft mit mir an einem Tag zusammen ;-)

Klaus hat gesagt…

Stimmt, da wusste er dann gleich, woran er war ;)

Aber es scheint ihn ja nicht nachteilig beeindruckt zu haben glücklicherweise *lach*