Dienstag, 29. Dezember 2009

Das alte Jahr

Da liege ich nun in meinen letzten Zügen...


Das neue Jahr klopft schon an. Viel zu früh abgeschossene Böller machen mich darauf aufmerksam, dass meine letzten Tage angebrochen sind. Aber ich werde sie noch genießen, jeden einzelnen Moment davon.


Dem einen oder anderen Erdenbürger konnte ich wahrscheinlich nicht bringen, was er sich gewünscht hat. Aber ich bin ja auch nicht der Weihnachtsmann, sondern ein Jahr. Und Jahre sind objektiv und unbestechlich.


Aber sie hinterlassen Spuren. 


Am besten sind wir an den Gesichtern der Menschen abzulesen - wenn sie sich nicht geschickt tarnen - oder an den Jahresringen der Bäume.


Jede Falte im Gesicht eines Menschen ist eine Spur von uns - entweder direkt durch das Alter oder indirekt durch die Seele. Denn wir hinterlassen auch Spuren, die man NICHT sofort sieht...


Wenn ich an meinem 31.12. diese Welt verlasse, wird es Menschen geben, die das feiern. Das sind dann wahrscheinlich die, denen ich nichts Gutes beschert habe und die darauf hoffen, dass ihnen das neue Jahr etwas besseres bringen wird. Sicherlich können es auch Menschen sein, die es gut hatten und jetzt glauben, es geht immer so weiter. Oder es sind die, denen einen Tag lang alles egal ist und die einfach nur feiern wollen. Das sind sicher die meisten - denn so sind die Menschen halt, sie können so schnell vergessen...


Na gut, das Wort "vergessen" trifft es vielleicht nicht ganz. Einigen wir uns lieber darauf, dass sich die Menschen gerne "selektiv" erinnern und auch von den schlechteren Momenten eher die guten in Erinnerung behalten. Wenn also jemand in einem meiner früheren Kollegen mal seine Arbeit verloren hat, dann wird er sich heute nicht mehr wirklich daran erinnern, wie wenig Geld er hatte, sondern dass er es zum Beispiel mit Hilfe seiner Freunde überstanden hat. Von daher könnte ich jetzt sagen, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es bei mir gekocht wurde. Aber das tröstet diejenigen wenig, die gerade JETZT in der Tinte sitzen. 
Ich kann mich bei diesen Leuten nur entschuldigen. Wie gesagt: es ist nicht meine Aufgabe, über Gut und Böse zu entscheiden - es passiert nun einfach mal leider zu meiner Zeit. Ich kann euch nur alles Gute für die Zukunft wünschen!


Denen, denen es zu meiner Zeit gut ging, möchte ich ans Herz legen, dass das nicht immer so bleiben muss. Das neue Jahr kann ganz andere Überraschungen parat haben. Da kann aus dem Lottogewinn bei mir schnell mal die Pleite bei meinem kommenden Kollegen werden. Ich wünsche das keinem, aber ausgeschlossen ist nichts. Darum genießt alles, was ihr gerade habt, sowohl in finanzieller als auch in "personeller" Hinsicht - und werdet nicht übermütig.



Und noch ein Tipp, bevor ich gehe: vertraut nicht auf die Jahre oder das Glück. Vertraut auf EUCH und auf die, die euch lieb haben.


Ich weiß, dass in der Zeit meiner Anwesenheit vieles passiert ist, was schrecklich und traurig war. Ich hoffe aber, dass das an einer anderen Stelle durch Glück und Zufriedenheit wieder in Waage gebracht wurde. Und vieles, was auf mich abgeschoben wird, hat der Mensch schließlich auch selber zu verantworten.Denkt mal darüber nach, ob ihr immer alles richtig macht ;)


Vielleicht fragt ihr euch, was mit den alten Jahren so passiert, wenn sie mit viel Getöse von einem neuen abgelöst worden sind. 


Früher, als es die Menschen noch nicht gab, sind wir einfach verschwunden. Da hat aber auch keiner Notiz von uns genommen. Es gab ja niemanden auf der Erde, der sich wirklich für uns interessiert hätte. Auch - viel, viel später - die Dinosaurier haben sich nichts daraus gemacht, wenn wir plötzlich weg waren. Selbst die ersten Menschen haben sich wohl gewundert, dass alles irgendwie irgendwann mal wiederkam in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, aber an JAHRE haben die noch nicht gedacht.


Erst der wirklich denkende Mensch hat mit einer Art "Chronik" begonnen, in die wir alle nacheinander eingehen. Wir leben also durchaus weiter in den Köpfen der Menschen und man kann ständig nachlesen, ob wir "gut" oder "böse" waren (wobei ich wie gesagt diesen Ausdruck nicht für sehr legitim halte, denn wir sind definitiv nicht verantwortlich für das, was in uns passiert). 
Den "guten" Jahren wird das weniger ausmachen, aber die "bösen" Jahre leiden doch sehr unter dieser pauschalen Einteilung, zumal das ja auch alles sehr individuell zu bewerten ist. Zudem gibt es immer noch Jahre, nach denen man verzweifelt sucht, weil da eben noch gar keine Menschen gelebt haben und es keine Zeitzeugen gab. Und so völlig OHNE WERTUNG möchte ein Jahr ja nun auch nicht bleiben!


Ihr seht also, dass es gar nicht so leicht ist, ein Jahr zu sein. Man hält für alles seinen Kopf hin und erfährt nur wenig Dankbarkeit. Mir hat noch keiner auf die Schulter geklopft und gesagt: "DAS, liebes Jahr, hast Du jetzt aber mal richtig TOLL gemacht! Dankeschön!"


Naja, aber ich bin ja auch noch nicht vorbei... ;)

Sonntag, 27. Dezember 2009

Handys

Was wären wir ohne sie?





Jetzt zu Weihnachten hat bestimmt wieder so manches kleines Telefon in die Tasche eines neuen Besitzers gefunden.



Handys können ja schon so viel. Du kannst alles damit machen. Bilder machen schon lange, Musik hören kannst Du auch, Videos drehen, surfen im Internet, fernsehen, spielen, winken, Schulden machen, Mitmenschen nerven und manchmal sehe ich sogar Leute, die damit telefonieren. Aber meistens höre ich sie...zum Beispiel in der Bahn hinter mir...unvermittelt...ohne Klingelzeichen, weil dann wäre man ja darauf vorbereitet...legt der Kerl plötzlich los mit einer Lautstärke, dass Du regelrecht zusammenzucken MUSST! "Ja hallo, hier ist der Kurt, wo bist Du?"
Das scheint ja eine der beliebtesten Fragen zu sein, dieses "Wo bist Du?". Meist wird dann ein "Ich bin grad in der Bahn...neeee...in der Straßenbahn...grad eingestiegen...am Küchengarten jetzt!" drangehängt und die derzeitigen örtlichen Verhältnisse sind geklärt. Aber wieso? Was hat man davon? Früher hat man sich an einem bestimmten Ort verabredet, ist dort eingetroffen und losgegangen - heute fährt man los, telefoniert, verabredet sich und geht trotzdem nicht hin, weil jemand anderes angerufen hat und man das besser findet.



Schön sind auch diese Anrufe bei Großveranstaltungen.
"Na, bist auch schon hier?"
"Ja, grad angekommen."
"Wo stehste denn?
"Am Bierstand."
- lacht - "An welchem?"
"Hasseröder"
- stöhnt - "Sind alle von Hasseröder..."
"Ich habe ein rotes Sweatshirt an."
"Wink' doch einfach mal."
Und Du schaust in die Runde und siehst bestimmt 43 winkende Leute, aber niemanden mit rotem Sweatshirt. Da hat der Typ wohl ein Problem.



Oder kennt ihr diese peinlichen Leidensgeschichten, die einem in der Straßenbahn immer aufgezwängt werden? Der Kerl hat grad Schluss gemacht mit ihr, weil er 'ne andere hat und sie telefoniert mit ihrer besten Freundin...in allen Einzelheiten. Du möchtest am liebsten ans andere Ende der Bahn, weil dich das alles nun so gar nicht interessiert, aber Du ertappst dich doch dabei, dass Du überlegst, wie sie wohl aussieht in den roten Dessous, über die sie gerade redet - obwohl Du eigentlich schwul bist...
Und dann schaut sie dich auch noch an mit einem dermaßen vorwurfsvollen Blick, als hättest Du auch noch Spaß an ihrem sehr persönlichen Gespräch.



An Knöpfe im Ohr habe ich mich mittlerweile auch gewöhnt. Nein, ich meine die in der OhrMUSCHEL, nicht am Ohrläppchen. Jeder, der was auf sich hält, hat ja heutzutage kleine Kopfhörer in den Lauschern stecken, sogar auf dem Fahrrad, was ich allerdings ziemlich grenzwertig finde. Fakt ist: die fallen kaum noch auf...in 2000 Jahren sind die bestimmt evolutionsbedingt eingewachsen, falls die Menschheit überhaupt noch so lange leben sollte. Darum denkst Du dir halt auch nix böses dabei, wenn solche Leute in der Stadt rumlaufen. Wenn sie dann aber unvermittelt drauf losbrabbeln, schaust Du doch schon etwas irritiert drein, denn zunächst mal scheinen sie sich ja mit sich selbst zu unterhalten. Das hat noch immer einen etwas skurilen Touch. Wenn Du endlich geschnallt hast, dass die Kopfhörer nicht zu einem MP3-Player, sondern zu einem Handy gehören, sind die Leute selbstverständlich rehabilitiert - oder?



Lustig - oder peinlich, je nachdem - sind ja auch immer noch diese Momente, wo Handys an Orten klingeln, an denen sie eigentlich "off" sein sollten...in der schmalzigsten Szene im Kino, bei der wichtigsten Personalversammlung des Jahres, wenn gerade der "Big Boss" seine ungeteilte Meinung äußert oder in der Nachttischschublade bei der Visite im Krankenhaus. Wer kennt sie nicht, diese Momente...





Ach ja, und die gute alte Zeit der Wunderkerzen und Feuerzeuge bei Konzertveranstaltungen ist ja auch vorbei. Erstere sind längst verboten, weil dadurch die ganze Halle abbrennen könnte oder man vor lauter Rauch nix mehr sehen kann und die Raucher sterben halt langsam aus...und mit dem Handy leuchten ist doch viel einfacher...sieht aber sooooooo scheiße aus, Leute - zumindestens im Gegensatz zu Feuerzeugen! Lasst euch das gesagt sein ;)





Aber eins finde ich cool am Handy: das simsen. Letzte Woche sah ich wieder ein junges Mädel - natürlich in der Straßenbahn - das am simsen war. Flink huschten die zarten Finger über die Tastatur und sie schaute dabei...aus dem Fenster! Gut, ich muss den Text nicht lesen, aber bewundernswert finde ich das schon. Das gibt mir doch den Glauben an die heutige Jugend zurück.





Also macht nur weiter so - ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt ;)


Donnerstag, 24. Dezember 2009

Meine kleine Weihnachtsgeschichte

Es war einmal ein Stern.



Eines schönen Tages vor langer, langer Zeit traf er auf eine goldene Glaskugel, die an ein paar Tannenzweigen hing.





"Warum hängst Du denn da so alleine?", fragte der Stern.


"Weil ich noch niemanden gefunden habe, der sich hier gerne zusammen mit mir hinhängen würde", antwortete die Glaskugel.


"Och", meinte da der Stern,"ich hätte wohl Lust, mich neben dich zu hängen."


So hingen sie also etliche Zeit, bis ihnen langweilig wurde. Da beschlossen sie, weiterzuziehen und trafen auf einen weiteren Stern.





"Hallo", begrüßten sie ihn,"möchtest Du da gerne alleine herumhängen oder hast Du Lust, mit uns beiden mitzukommen?"


"Hm," machte der Stern."Ich hänge hier schon eine ganze Weile herum und das ist nicht wirklich schön, alleine zu sein...also werde ich wohl mitkommen."


So zogen sie denn zu dritt ihrer Wege und waren froh, dass sie sich gefunden hatten - besonders natürlich die beiden Sterne.
Da ward die goldene Glaskugel mit der Zeit etwas traurig, weil sie sich nicht mehr so gut verstanden fühlte und es traf sich gut, dass sie eines Tages einer weiteren Glaskugel begegneten. Die war wunderschön rot und schnell fragte die goldene Glaskugel, ob sie sich dem Trio vielleicht gerne anschließen möge.





"Nunja", meinte die rote Kugel und lugte vorsichtig hinter den Tannenzweigen hervor,"die Tannenzapfen hier sind zwar recht nett, aber nicht wirklich gesprächig und etwas Langeweile habe ich schon."


So war denn auch die goldene Glaskugel nicht länger alleine und die beiden Pärchen zogen lange Zeit gemeinsam umher.


Eines schönen Tages trafen sie auf einen kleinen Bären, der mismutig von einer Tanne herabhing.





"Was wollt ihr denn hier?", brummte er."Fremde kann ich hier nicht gebrauchen bei meiner wichtigen Aufgabe!"


"Was für eine wichtige Aufgabe?", fragte die goldene Glaskugel neugierig und einer der Sterne fügte ein drängendes "Erzähl schon! Erzähl schon!" hinterher.


"Nun", brummte der Bär,"ich sitze hier auf meinem Kissen und bewache einen Diamanten, seht ihr das denn nicht?"


"Oh, einen Diamanten!", tuschelten die Sterne und die Kugeln.
"Der ist bestimmt sehr wertvoll, wenn Du hier die ganze Zeit auf ihn aufpassen musst."


"Seeeeehr wertvoll!", bestätigte der Bär bedeutungsvoll.


"Und wie lange musst Du hier wohl noch sitzen?", fragte die andere Glaskugel.


"Ich weiß es nicht", antwortete Brummi,"vielleicht noch seeeeehr lange!"


"Warum nimmst Du den Diamanten nicht einfach mit?", fragte nun wieder ein Stern.


"Tja...", brummte der Bär und machte eine lange Pause, in der ihn die Wanderer fragend anschauten,"...warum eigentlich nicht?"


So zogen nun alle fünf gemeinsam durch die Lande und trafen noch vielerlei Gefolgschaft, die sie in ihre Mitte nahmen.








 


Nach langer Zeit, es war schon bitterkalt geworden, trafen sie auf eine seltsam gekleidete Gestalt. Man schrieb das Jahr 2009 und vieles hatte sich mittlerweile verändert im Leben unserer kleinen Freunde. So gab es Tannen nur noch in bestimmten Gebieten oder zu bestimmten Jahreszeiten und diese Jahreszeit schien gerade wieder angebrochen zu sein. Das freute die Wandergesellen sehr, denn sie ruhten sich eben bevorzugt an den Tannen- oder Fichtenzweigen aus und Laubbäume verachteten sie geradezu.
Die Vorliebe für Tannen hatte sie auch an dieses Plätzchen verschlagen, denn es war dekoriert mit allerlei grünen Zweigen, an denen es sich vortrefflich hängen ließ. Und hier nun trafen sie auch auf die seltsam gewandete Gestalt mit langem Bart.





"Wer bist Du denn?", fragten die Freunde aus vielerlei Munde.


"Na, ich bin der Weihnachtsmann", antwortete die seltsame Gestalt.
"Habt ihr denn noch nie von mir gehört?"


Verdutzt schauten sich alle an, die Sterne, die Glaskugeln, die Bären und alles andere Gebimmsel und Gebammsel.


"Nein!", antworteten sie einhellig.
"Wir kennen dich nicht. Aber möchtest Du dich uns vielleicht anschließen?"


"Ho!Ho!Ho!", lachte der Weihnachtsmann.
"Das ist ja nett gemeint, aber das wird wohl nichts. Ich habe noch jede Menge zu tun. Jetzt zum Beispiel muss ich in dieses Haus, um dort ein paar Geschenke zu verteilen und vor allem, um euch die Balkontür zu öffnen, damit ihr euch im Wohnzimmer an die Tannengirlanden hängen könnt."





"Ach!" und "Wie?" und "WOHIN sollen wir?" schallte es munter durcheinander.


"Hooooooooo!", rief da der Weihnachtsmann, als wolle er seinen Schlitten stoppen."Na, ihr seid doch dazu bestimmt, das Wohnzimmer dieser Menschen hier zu schmücken, wusstet ihr das gar nicht? Und drinnen ist es auch sicher viel wärmer als hier im Schnee.


"Wohlan!", frohlockten da unsere kleinen Freunde."Na, wenn es dort drinnen ein Plätzchen zum Aufwärmen gibt, dann sind wir wohl dabei!"


Und kaum hatte der Weihnachtsmann die Balkontür geöffnet, stürmten auch schon die ganzen Kugeln, Bären und Sterne in die Wohnstube und suchten sich ein wohliges Plätzchen an den Girlanden unter den Deckenbalken.








 


Wohlwollend und lobend betrachtete der Weihnachtsmann die geschmückten Girlanden, ließ noch etwas Schokolade und Gebäck auf dem Wohnzimmertisch liegen und stapfte wieder durch die Balkontür hinaus in den Schnee.


Und unsere kleinen Freunde lebten von nun an glücklich und zufrieden bei ihren Menschen, wurden nach dem Fest sorgfältig in kleine Kästchen gebettet und alljährlich zur Weihnachtszeit wieder hervorgeholt.





E - N - D - E





Fotos: K. Hermann

Dienstag, 22. Dezember 2009

Der 50. Geburtstag


Untertitel: Diner for Me




Wir nähern uns ja nun für viele wieder völlig überraschend dem Tag, an dem Jesus Christus geboren wurde...2009 wäre er wohl geworden in diesem Jahr, munkelt man.


Und May Warden, die rüstige, alte Dame in Diner for One, wird alljährlich zu Silvester 90 Jahre alt - da kommt bestimmt auch schon ein ganz schönes Sümmchen zusammen...solange, wie das schon läuft.


Nun, auch ich hatte dieses Jahr wieder einmal Geburtstag...ähm...Entschuldigung..einen RUNDEN Geburtstag: 50 Jahre habe ich nun auf meinem angegriffenen Buckel und irgendwie ist das ein ganz merkwürdiges Gefühl.


Ich hatte ja erwartet, dass ich morgens mit grauen oder gar keinen Haaren und tiefen Falten im Gesicht aufwachen würde, dass ich kaum noch aus dem Bett aufstehen könnte, weil ich so "Rücken habe" und fortan alle 15 Minuten auf's Klo rennen müsste. Vorsorglich hatte ich mir schon eine Krücke von meiner Mutter ans Bett gestellt und war einigermaßen erstaunt, dass ich mich schmerzfrei aus den Federn erheben konnte, zumindestens im Hinblick auf den Rücken.
Sogar der Gang in's Bad klappte unfallfrei, aber die Brille hatte ich doch vorsichtshalber nicht aufgesetzt. Ich trotzte der Gefahr, eventuell über Nacht mit dem schlagartig eintretenden 50. Lebensjahr etliche Prozente meiner Sehkraft verloren zu haben und demzufolge über sämtliche Gegenstände zu stolpern, die meine Katzen mir des nachts in den Weg gekramt hatten. Nein, die Brille wollte ich nicht aufsetzen, wer wusste schon, was mir da aus dem Badezimmerspiegel entgegensehen würde...


Schon während des Aufwachens hatte ich nach meinem kostbaren Haupthaar getastet und verwundert festgestellt, dass der Hubschrauberlandeplatz auf meinem Kopf nicht wesentlich gewachsen war, nun stellte sich nach einigem Blinzeln heraus, dass auch die Farbe offensichtlich noch die gleiche war. Ich hatte die Haare am Abend zuvor nicht gezählt, aber so auf den ersten brillenlosen Blick schienen es in der Tat nicht allzu viel weniger geworden zu sein.


So etwas macht MUT!


Mit zittrigen Fingern, was weder am Alkoholentzug noch an einem fehlenden Kaffee lag, setzte ich mir die Brillengläser auf die Nase und schaute meinem Spiegelbild in die Augen...eigentlich alles wie gehabt. Sogar die Bartstoppeln waren noch schwarz.


Mittlerweile waren auch ganz bestimmt mehr als 15 Minuten verstrichen und ich empfand noch kein dringendes Bedürfnis, auf die Toilette gehen zu müssen...die Prostata schien also auch noch nicht mitbekommen zu haben, dass ich jetzt 50 war. Obwohl...die Vorsorgeuntersuchungen starten da ja erst mit 55 - da habe ich vielleicht noch etwas Zeit.


Also musste der Alterungsprozess wohl auf eine andere Art vonstatten gegangen sein.


Ich schaltete das Radio ein. NDR 2. Ältere Menschen hören das nicht mehr, dachte ich, und suchte nach NDR 1, dem angesagten Radiosender für die betagteren MitbürgerInnen. "One Way Wind" von den Cats schallte aus dem Lautsprecher, eine meiner ersten Singles. Ich stand unter der Dusche und trällerte mit. Auch "Hymn" von Baclay James Harvest erschreckte mich nicht und als dann noch "Spanish Eyes" von Al Martino folgte, musste ich feststellen, dass ich den Alte-Leute-Sender durchaus ertragen konnte. Da hatte ich also meine Bestätigung: ich war ALT!


Die nächsten Songs waren von Andrea Berg und den Flippers, ich schaltete wieder zurück auf NDR 2 und war verwirrt. Der Musikgeschmack war wohl doch der gleiche geblieben...


Gut, was für Veränderungen konnte es denn noch geben? Hatte ich mich vielleicht gar in meiner Denkweise und Weltanschauung verändert? Wie auf ein geheimes Stichwort begannen gerade die Nachrichten im Radio und es wurde von Steuererleichterungen, Klimakonferenzen, Haushaltsverschuldungen, Afghanistankrieg und sonstigen Politentgleisungen berichtet, die mich immer noch genauso aufregten, wie einen Tag zuvor...das war es also auch nicht.


Ich kam zu dem beruhigenden Entschluss, dass ich noch immer "der Alte" war (man verzeihe mir dieses vielleicht verwirrende Wortspiel an dieser Stelle) und sich nichts, aber auch wirklich NICHTS an mir verändert hatte. Aber so hätten es sich wohl die zahlreichen Leute vorgestellt, die mich nach der Gratulation gleich besorgt fragten: "Und? Wie fühlt man sich mit 50?"


Nein - und jetzt kommt der zweite Teil der Geschichte - ich hatte mich keinesfalls verändert. Und ich war auch diese doofen Viren oder Bazillen oder was immer mich seit drei Tagen mit Durchfall, Fieber, Übelkeit und Schnupfen quälte, nicht losgeworden über Nacht. So mühte ich mich also an meinem 50. Geburtstag, ein paar Stückchen Brot zum Frühstück zu mir zu nehmen und ein Glas Wasser zu trinken, denn alles andere war schwierig drin zu behalten. Die sowieso nur kleine Feier bei meiner Mutter war längst abgesagt und mein Mann gesellte sich mitleidig zu mir und versuchte, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen...aber ich hatte keine. Ich wollte einfach nur auf der Couch liegen, mir dauernd die Nase putzen, gelegentlich Fieber messen und etwas Wasser trinken und vor allem wollte ich LEIDEN, wie Männer denn so leiden, wenn sie krank sind. Wenigstens konnte ich dabei noch fernsehen.


Irgendwann musste mein Schatz auch zu allem Überfluss noch zur Arbeit und mich in meinem fürchterlichen Schicksal alleine auf dem Sofa liegen lassen. Ich dämmerte so vor mich hin, nahm die zahlreichen telefonischen Anfragen entgegen, wie es einem denn so geht mit 50, und beschloss, mir wenigstens ein schönes Abendessen zu machen, das aus...ihr ahnt es schon...Brot und Wasser bestand.


Tja, das war mein 50. Geburtstag. Aber ich kann wenigstens behaupten, dass er anders war als die meisten...

Montag, 21. Dezember 2009

Winterspaziergang

Wenn man durch die Dachfenster schaut und es etwa wie auf dem folgenden Bild aussieht, dann verheißt es Gutes und man sollte sich schleunigst auf den Weg nach draußen machen.





Das habe ich denn auch getan am Samstag. Es war einfach herrlich, die rote Nase in die kalte Luft zu halten, den knirschenden Schnee unter den Füßen zu spüren und seinem kondensierenden Atem nachzuschauen. Die Welt kann einen richtig lieb haben an so einem Tag - zumindestens, wenn man weiß, dass man wieder in's Warme kann und nicht die ganze Zeit auf der zufrierenden Leine zubringen muss.





Auch das Eichhörnchen vetrat sich die kleinen Füße. Wahrscheinlich fand es bei dem ganzen Schnee seine Leckereien nicht mehr wieder. Es hoppelte jedenfalls dermaßen aufgeregt von Ast zu Ast, dass ich es kaum auf den Chip bekam.


 

An einigen ruhigeren Stellen war das Eis schon wesentlich deutlicher sichtbar.





Und hin und wieder gab es interessant geformte Öffnungen, die meine Fantasie anregten und auf kleine Fabelwesen schließen ließen, die im Wasser wohnten und sich ihre bizarren Verbindungen zur Außenwelt offen hielten.




Der kleine Stichkanal an der Wasserkunst war mit hauchdünnem Eiskristall und einer  zarten Schicht Puderzucker überzogen.





Dort, wo sonst Kormorane und Graureiher nach kleinen Fischen schnappen, war jetzt alles in ein weißes, glitzerndes Winterkleid gehüllt.





Der Weg führte mich weiter über verschneite Brücken, die im Sommer keinesfalls so idyllisch aussehen...





...vorbei an der hier in etwas Entfernung schnell dahinfließenden Leine...





...deren Wasser noch relativ warm zu sein schien, denn es bildete sich geheimnisvoller Nebel auf ihren schnell dahinströmenden Wogen.





Manchmal machte der Fluß einen kleinen Bogen und ließ mich alleine mit allerlei kunstvoll eingeschneiten Bäumen und Sträuchern.





Obwohl hier schon etliche Lebewesen unterwegs gewesen sein mussten, war es ganz, ganz still...als mache Mutter Natur eben mal eine kleine Pause.





Ich stand allein und mucksmäuschenstill zwischen mahnend die Zweige erhebenden Weiden...





...und wie mit Watte behängten Sträuchern, die ihre Äste munter durcheinander steckten, als tuschelten sie sich die letzten Geheimnisse des Herbstes zu.


 


Väterchen Frost hatte die grauen Überbleibsel der vergangenen Jahreszeit in filigrane Schönheiten verwandelt...





...und die Kühe auf der Weide erschienen wie eine weiße Fata Morgana.




Sie waren aber eindeutig echt!




Zum Greifen nah, aber dennoch durch die unüberwindlichen und dampfenden Wogen der Leine getrennt.




Im Sommer fließt das Wasser ganz versteckt dahin, doch im Winter ergeben sich neue und unvermutete Einblicke.


 

Sonst durch das Laub der Bäume und Sträucher versteckt, öffnen sich uns im Winter verwunschene Tore in eine andere Zeit und man fühlt sich eingeladen, einfach hindurchzuschreiten und die Hektik des Alltags zu vergessen.




Noch ein letzter Blick zurück und man ist wieder zuhause auf der Couch mit einer schönen Tasse Kaffee und einem leckeren Teller Keksen.





Ich hoffe, mit diesen Bildern den einen oder die andere mitgenommen zu haben auf meinen kleinen Spaziergang in die weiße Welt der Leineauen, die es ja nun wirklich nicht so oft gibt.



Daher sollte man jede Gelegenheit nutzen...wie immer im Leben ;)



Fotos: K. Hermann - Leineauen - Hannover

Samstag, 19. Dezember 2009

Der verschneite Balkon

Seit Freitag morgen ist es endlich soweit: der erste Schnee in diesem Jahr bleibt auch gleich liegen. Es ist bitterkalt geworden und die Pflanzen auf dem Balkon sind regelrecht schockgefrostet.


 


Nicht nur die Pflanzen, auch den Schmetterling hat es erwischt...mitten im Flug scheint ihn Väterchen Frost überrascht zu haben.


 


Ich hoffe, dass die kleinen und großen Tiere in Wald und Wiese einen besseren Instinkt hatten und sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.

Aber schön sieht es schon aus, wenn der Balkon so langsam zuschneit und alles mit dicken, weißen Hauben bedeckt ist.


 


Leider hat auch die kleine Schildkröte am zugefrorenen Miniteich die paar Meter bis zur rettenden Balkontür nicht rechtzeitig geschafft - aber sie sieht eh immer steif gefroren aus.
Und der Überzug aus Puderzucker lässt sie doch noch viel niedlicher aussehen, oder?


 


Aber auch für die lebenden Tiere wird bei diesem Wetter gesorgt. Im 4. Stock müssen die natürlich alle fliegen können, und da es im Winter keine Insekten mehr gibt, kommen nur noch die Piepmätze.


 


 Am liebsten tummeln sich die Meisen auf unserem Balkon und hacken emsig auf die zahlreichen Knödel ein, die für sie bereit hängen. Doch auch Spatzen suchen gerne mal Schutz in den lauschigen Ecken unseres kleinen Dach-Refugiums. Ich hoffe noch auf Rotkehlchen und Zaunkönige.

Dort, wo es so geschützt ist, dass kaum Schnee liegt, wachsen sogar noch ein paar Pilze im Moos.


 



Wenn man aber genauer hinsieht, erkennt man, dass sie giftig sind...darum stehen sie da auch noch, sonst wären sie ja schon längst in der Pfanne gelandet ;)


 


 Und die Kastanien kann man natürlich auch nicht essen, aber vielleicht wachsen ja irgendwann mal riesige Bäume auf unserem Balkon...

 Doch nun wollen wir erst einmal hoffen, dass die ganzen Pflanzen die hohen Minustemperaturen schadlos überstehen in ihren Kübeln. Ein paar haben wir gestern noch reingeholt, weil ihre Töpfe und Schalen viel zu klein waren. Aber für die großen Container haben wir keinen Platz mehr im Treppenhaus, die müssen leider draußen bleiben.





Fotos: K. Hermann