Samstag, 16. Januar 2010

Brüchiges Eis

Ab und zu wollte ich ja mal etwas über mich erzählen, hatte ich mir vorgenommen.

Was passt zu dieser Jahreszeit besser, als eine klitzekleine Geschichte über Eis und Schnee, die schon viele Jahrzehnte zurückliegt. Aber einige Begebenheiten vergisst man wohl nie...



Wir müssen ganz weit zurück in meine Vergangenheit, in das Hannover der 60er Jahre. Also stellt eure Gedanken mal auf schwarz-weiß um und versetzt euch in den Winter '64/'65 oder '65/'66...
Ganz genau weiß ich es nicht mehr...ich könnte jetzt meine Ma anrufen, aber auf ein Jahr mehr oder weniger kommt es ja nicht an, oder?


Ich war 5 oder 6 Jahre alt und hatte das Glück, meine Vorschulzeit in einer Mietwohnung in einem Haus an einer Sackgasse zu verbringen. Habt ihr die Vorstellung? Aber in schwarz-weiß bitte :)


Eigentlich verbrachte ich die wenigste Zeit IN der Wohnung, sondern vielmehr in der Sackgasse, die so eine Art frühe Spielstraße war - damals gab es für so etwas noch keine Schilder. Wo Kinder waren, fuhr man automatisch langsam...schöne Zeiten waren das.


Und um die Häuser an dieser Straße herum gab es zudem noch viele Gärten, in denen man spielen konnte. Okay, wir kamen natürlich nicht in jeden Garten, denn auch damals gab es schon Leute, die keine Kinder mochten. Aber wir kamen in die meisten Gärten...nein, eigentlich doch in alle, wenn es sein musste ;)
Aber es gab natürlich besondere Gärten, und das waren die, die zu den Häusern gehörten, in denen meine Freunde wohnten. Und hinter einigen dieser Gärten lag das Paradies an sich: eine riesengroße Wiese mit hoch gewachsenem Gras und vielen Sträuchern und Bäumen. Im Sommer konnte man hier tolle Sachen machen und es gab Stellen, zu denen fand einen kein Erwachsener, wenn man das nicht wollte.
Überhaupt trauten sich Erwachsene äußerst selten auf diese Wiese, weil man hier nicht richtig laufen konnte, sondern sich eher durch das Gras kämpfen musste. Und kämpfen taten Erwachsene auch damals beruflich schon genug, das mussten sie nicht auch noch freizeitmäßig machen.

Die Wiese war also eigentlich eher etwas für die unter Zehnjährigen, die sich hier so richtig austoben konnten. Sie denken immer noch an schwarz-weiß? Okay, dann stellen sie sich jetzt mal drei bis vier etwa 5 bis 8 jährige Jungs vor - ich habe schon immer mit älteren gespielt, was aber nicht heißt, dass ich frühreif war - die in kurzer Lederhose, Strickpullover und Kniestrümpfen über diese großen Grasplacken der Wiese hüpfen und Räuber und Gendarm spielen. Einige, die das jetzt vielleicht lesen, werden vermutlich gar nicht wissen, dass man so etwas früher nicht zwingend auf einer Konsole gespielt hat ;)

So, und jetzt werden aus den Sommersachen dicke Winterklamotten und die Wiese wird weiß, denn wir sind im Dezember. Ich weiß noch, dass ich so einen fürchterlichen Wollpullover anhatte, selbstgestrickt von Mama oder doch eher Oma väterlicherseits, weil die viel mehr Zeit hatte und mir liebend gerne Sachen zum anziehen geschenkt hat, was im Alter von ca. 14 oder 15 Jahren dann doch langsam peinlich wurde. An die anderen Sachen erinnere ich mich nicht, nur an den Wollpullover - ich meine sogar, er wäre - wie passend für einen 5 bis 6jährigen Jungen - himmelblau gewesen.

Wir schlenderten über die Wiese, zwei Freunde und ich - ich natürlich wieder der Jüngste. Musste mich dann ja auch immer etwas profilieren - so nach dem Motto: ich bin nicht so klein, wie ihr glaubt.
Wir kamen an einen kleinen Tümpel, der uns friedlich erstarrt aus dem Schnee heraus anglänzte. Tümpel ist eigentlich schon fast zuviel gesagt...heute würde ich es eher als eine etwas größere Pfütze bezeichnen, aber ich war halt noch klein. Und es war nie viel Wasser in diesem Ding, das wusste ich, denn natürlich war dieses Ding auch im Sommer ab und zu mal da, wenn es regnete.

Da Eis in jeder Form eine magische Anziehungskraft auf kleine Jungs hat, marschierte ich geradewegs auf den Tümpel los. Selbstverständlich hatte ich in dem Alter noch nicht so viel Erfahrung mit Eis und Schnee, aber meine kurzen Beine konnten herrlich darauf herumschliddern. Das leichte Knacken überhörte ich genauso, wie die Warnungen meiner Freunde. Schließlich war ich ja viel leichter als sie und es würde mit Sicherheit nichts passieren. Was denn auch schon? Ich hatte keine Vorstellung, was da gefährlich werden konnte.


Naja, langer Rede kurzer Sinn, ihr ahnt eh schon, was passiert: das Eis gab nach, meine Füße platschten ins Wasser, ich verlor das Gleichgewicht, knallte mit meinem kleinen Po auf das Eis, das durch das "Gewicht" vollends einbrach und mich ziemlich dumm aussehen ließ.
Meine kleinen Füße steckten in dem kalten Wasser, mein Po auch. Das widerlichste an der ganzen Sache aber war, dass auch mein kratziger Wollpullover vollkommen durchnässt war. Dieses eklige Gefühl habe ich bis heute nicht vergessen und ich trage noch immer keine Wolle auf nackter Haut...schon alleine bei dem Gedanken daran schüttelt es mich - brrrrrrrrrrr!

Tja, aber was nun tun? Wir befanden uns natürlich am entlegensten Eckchen der schneebedeckten Wiese und bis zu unserer Wohnung war es ein ganz schönes Stück Weges. Dumm war auch, dass mich meine Mutter vorher ausdrücklich vor dem Eis gewarnt hatte und ich wollte lieber frieren, als so triefend meiner Mutter unter die Augen zu treten. Aber es half natürlich nichts. Meine Freunde sorgten schon dafür, dass ich schleunigst den Heimweg antrat und lieferten mich klitschenass und mittlerweile leicht angefroren zuhause ab.


Nun, sagen wir es mal so: meine Mutter staunte nicht schlecht. Ich bin mir sicher, dass sie sich im ersten Moment fürchterlich erschrocken hat, aber sie ließ kein einziges böses Wort fallen, zog mir die nassen Klamotten vom Leib und spendierte mir sogar noch ein heißes Bad und eine Tasse Kakao. So ließ es sich leben...


Viel später gestand sie mir, dass sie nach dem ersten Schock ganz schön lachen musste, weil ich mit den nassen Klamotten verdammt bescheuert ausgesehen hätte.


Und ich habe noch nicht einmal eine Erkältung bekommen.


Zwei Dinge haben sich aber seit damals bei mir eingeprägt: Wolle auf nackter Haut geht gar nicht und Eis muss ganz schön dick sein, bevor man darauf laufen kann! DIE Lektion hatte ich gelernt und meine Mutter musste nie wieder Angst haben, dass ich irgendwo einbreche...so eismäßig...


So, jetzt dürft ihr wieder in Farbe denken :)


Tschüss und gute Nacht!


linie-0289.gif von 123gif.de

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schöne Eisgeschichte. Danke für die Unterhaltung.
Gruß Aurikel-Aurum

Klaus hat gesagt…

Aber gerne doch! :)

Schönen Sonntag wünsche ich,

Klaus

HP hat gesagt…

Warum Jungens immer auf dem Eis einbrechen ?!
Das gleiche passierte meinem überschlauem Bruder als Kind auf einer Kuh / Ochsen Wiese mit einem dünn mit Eis überzogenem Tümpel, der aber dann auch noch recht tief war.

Klaus hat gesagt…

Ich denke mal, dass Jungs einfach machen und nicht soviel überlegen, wie die Mädchen.

Mädchen WISSEN, dass sie auf dem Eis einbrechen, Jungs müssen das erst ausprobieren ;)

Liebe Grüße,

Klaus

Anonym hat gesagt…

Große Mädchen wie ICH brechen sogar im eigenen Teich ein. Und die Hunde stehen davor und lachen sich kaputt. Seitdem betrete ich keine Eisfläche mehr.

HP hat gesagt…

*lach* tja ...

SchneiderHein 2 hat gesagt…

Ich musste feststellen, dass ich schlecht in schwarz-weiß denken kann, obwohl es auch bei mir ein paar sw Bilder aus Kinderzeiten gibt.
Ich wäre bestimmt auch mal im Eis eingebrochen, wenn ich Gelegenheit dazu gehabt hätte. Aber damals gab es noch keine Teiche in den Siedlungsgärten. Und mein Planschbecken (ein im Garten eingebuddeltes VW-Transporterdach hatte nur zu ganz hohen Feiertagen Wasser - sonst war es nur schön sauber und hellblau).
Dafür bin ich dann später, als ich mich weiter von der 'Spielstraße' entfernte in den Feuerlöschteich gerutscht und habe mir dort die Füße an den Glasscherben am Grund aufgeschnitten. Wasser hat magische Anziehungskraft! Später wurde der Teich dann zugeschüttet. Aber nicht nur Jungen sind so drauf - es gibt eben verschiedene Lernstrategien ;-)
LG Silke

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website klaus-in-vanadiel.blogspot.com Links tauschen